Das Mittelalter hat uns Zeugnisse über unterschiedliche Jagdkulturen hinterlassen. Es gab im ausgehenden Mittelalter nicht nur Veränderungen in den Jagdformen, sondern auch in der Entwicklung der Jagdhörner, die bis dahin aus Naturmaterialien und später aus Metall gefertigt werden konnten. Es entstanden in zeitlichen Abständen das Schleifenhorn, der Halbmond und das Waldhorn.
Bei den verschiedenen Jagdformen aus dieser Zeit sind uns von der ältesten Jagdform der Welt, der Falkenjagd, keine Aufzeichnungen über verwendete Jagdsignale bekannt und überliefert. Die einzigen Anhaltspunkte für Nachforschungen liefern uns Bilder und Gemälde der vergangenen Jahrhunderte, auf denen z. B. Falkenrufe genannt und Pauken gezeigt werden, die früher auf Beizjagden mitgeführt wurden.
Es lässt sich heute trotz intensiver Recherchen nicht feststellen, ob früher zu den Jagden des bekanntesten Falkners aus dem 12. Jahrhundert, dem Staufenkaiser Friedrich II. 1194 - 1250 Naturhörner mitgeführt wurden.
Auf den Abbildungen der mittelalterlichen Manessischen Handschriften mit abgebildeten Königen, Markgrafen, Herzögen zu Pferde mit oder ohne Falken sind Naturhörner nicht zu erkennen. Aber auf Bildern mit Reitern, die sich auf einer Hirschjagd befinden, sind diese mit einem Naturhorn abgebildet. Das zeigt uns, dass Falkner mit dem Zügel des Pferdes und ihrem Falken ausgiebig beschäftigt waren und keine Hand für ein Jagdhorn frei hatten. Der Musikwissenschaftler Prof. Curt Sachs schreibt 1929 in seinem „Handbuch der Instrumentenkunde“, dass seine Nachforschungen ergeben hätten, dass die handwerklichen Möglichkeiten, Schleifenhörner herzustellen, schon im 14. Jahrhundert vorhanden waren. Z. B. bestellte Herzog Phlilipp der Kühne von Burgund und Graf von Flandern, dem in seiner Familienchronik nachgesagt wird, dass er ein leidenschaftlicher Jäger war, schon 1375 in England 63 Cournez, 1385 weitere 100 cors und im gleichen Jahr noch einmal 12 corées d’Engleterre.
Das Jagdhorn war Angelpunkt der Jagd, und ohne Hörner war die Jagd schlecht vorstellbar. Die alten Hörner aus Naturmaterialien, die bisher von Jägern ohne oder zu Pferde als Jagdsignalinstrumente bei den unterschiedlichen Jagdformen mitgeführt wurden, hatten nur einen sehr begrenzten Tonumfang. Sie sind, weil sie im Laufe der Zeit auch aus Metall gefertigt wurden, jedoch noch bis zum Ende des 18. Jahrhundert auf der Jagd weiter benutzt worden.
Im Nachbarland Frankreich unter Königen Ludwig 13., der selbst ein begeisteter Falkner war und bei dem eine sehr große Falknerei zum Hofstaat gehörte, sind nur wenige Aufzeichnungen über Jagdsignale in Verbindung mit Beizjagden zu finden. Ein Buch des Falkners Jean de Franchieres mit dem Titel „La Fauconnerie“, veröffentlicht 1618, ist eine besondere Ausgabe. Hier wird über höfische Falkenjagden des Königs Ludwig 13. berichtet. In dem Buch ist ein Reiter abgebildet, der auf einem großen Naturhorn bläst und einen Falkner zu Pferde zur Jagd begleitet. Auf weiteren Bildern und Gemälden vergangener Jahrhunderte findet man Abbildungen von Falknern mit Hörnern. Daraus lässt sich schließen, dass auch zu Falkenjagden später Jagdhörner mitgeführt und geblasen wurde.
Ganz im Gegensatz zu den höfischen Parforcejagden der französischen Könige: Die Fanfaren, die zu diesen Jagden geblasen wurden, waren mit Noten aufgezeichnet und sind uns deshalb heute bekannt. Dadurch wissen wir, dass der Hörnerklang zu dieser Zeit nicht mehr mit einfachen Naturhörnern in verschiedenen Formen und Materialien erzeugt wurde, sondern auf kleinen einwindigen Jagdhörnern aus Metall. Diese Hörner konnten damals schon von den Instrumentenbauern gebaut werden. Darauf war es möglich auch hohe und tiefe Töne zu blasen.
Zur Jagd der Jäger mit dem Falken hat Dr. Kurt Taut Nachforschungen angestellt und schreibt in seinem Buch „Geschichte der Jagdmusik“ von 1927, dass in einer Falkenhandschrift aus dem 16. Jahrhundert, die er dem Buch „Geschichte der Falkenjagd von 1859 entnommen hat, Pfeiflaute zur Falkenjagd Verwendung fanden.
In diesem Buch heißt es auch, den Falken zuzupfeifen, hatte verschiedene Bedeutung. Wenn der Falkner befürchtete, der fliegende Falke könnte entfliehen, so rief und pfiff er. Weiter schreibt er: In der Falkenhandschrift der „Ambrosiana zu Mailand“ von 1840 wird empfohlen, den Falken mit Trommelspiel und allerlei anderer Musik auf der Jagd zu begleiten.
Durch das Internet gibt es einen guten Aufschluss über die musikalischen Gebräuche auf der mittelalterlichen Reiherbeize. Hier schreibt man z. B. über Illustrationen in dem Buch „Paradissgart und Thierbuch“ des Herzogs Friedrich Achilles von Württemberg 1591 - 1631, dass man dort unter den Falknern einen Trompeter und viele Falkoniere sieht, die ihre Hände wie rufend erhoben haben.
Von den höfischen Falkenjagden in Franken auf dem Anwesen des Markgrafen C. W. Friedrich von Brandenburg-Ansbach 1587 - 1665 berichtet man von Korps von Paukern und Trompetern. Es lässt sich heute nicht mehr feststellen, ob diese Instrumente zur Falkenjagd mitgeführt oder ob sie nur bei seinen Falkner-Schauprogrammen eingesetzt wurden. Aufzeichnungen über alte Jagdsignale und Fanfaren zur Falkenjagd sind hier nicht bekannt.
Nur bei den feudalen höfischen Jagden zu Pferde und den großen Treibjagden wurden Naturhörner mit ihrem begrenzten Tonumfang mitgeführt. Die Jägersignale von damals waren meist eintönige Signale und wurden in ganz einfacher Form auf diesen Hörnern geblasen.
Eine Besonderheit ist auf einem Gemälde des holländischen Malers Philips Wouwermans aus Haarlem, 1619 – 1668 zu sehen. Dieses Bild zeigt ein Jagdgeschehen von Falknern vor einem Landhaus mit dem Aufbruch zu einer Falkenjagd. Von Fußgängern werden Falken ins Jagdgelände vorausgetragen und auf der großen Freitreppe wird auf einem Naturhorn, einer sehr großen Muschel, zum Aufbruch geblasen. Die Pferde der Jagdgesellschaft sind gesattelt und zum Aufsitzen werden letzte Vorbereitungen getroffen. Dieses Bild befindet sich in der Gemäldegalerie der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin.
Andere adelige Herrscher wie z. B. Landgraf Friedrich II. von Hessen-Kassel 1720 - 1785, der selbst ein passionierter Falkner war, engagierte den Hofmaler J. H. Tischbein d. Ä., um Bilder seiner Falkenjagden zu malen. Aber auch hier ist keiner der abgebildeten Falkner mit einem Jagdhorn zu sehen. Diese Bilder sind im Festsaal des Schlosses Fasanerie bei Fulda zu sehen.
So wie viele adlige Herrscher die Falkenjagd liebten, ging auch der Kurfürst Clemens August 1723 - 1761, Erzbischof zu Köln seinen Vorlieben für verschiedene Jagdformen nach. Es waren die Parforce- und Falkenjagden. Er soll die Falkenjagden in unmittelbarer Nähe des Schlosses Falkenlust bei Brühl ausgeübt haben und seine Parforcejagden in den Wäldern des Schlosses Clemenswerth. Auch von ihm sind nur Jagdsignale seiner Parforcejagden und keine von seinen Falkenjagden bekannt.
Die Jagden mit den Greifvögeln hat zu Gunsten der höfischen prunkvollen Jagden, wie den Parforcejagden und den Reit- und Schleppjagden, lange Zeit an Bedeutung verloren. Erst der passionierte und engagierte Falkner, Renz Waller 1895 - 1979, hat mit seinen Freunden und mit beständiger Initiative die Falkenjagd in Deutschland wieder zur Renaissance verholfen. Er strebte auch an, Jagdsignale und Fanfaren für Falkner einzuführen und setzte dafür gleich ein Zeichen mit einer eigenen Komposition, dem Musikstück „Beginn und Schluss der Beizjagd“. Als Ordensmeister des Deutschen Falkenordens blieb er ein großer Freund und Förderer der Jagdmusik für Falkner.
Zu seinen Lebzeiten entstand die Fanfare „Hornruf der Falkner“ von F. Ihlow. Hinzu kam, dass ein Freund und bekannter Komponist Edwin Kammerer, der auch gleichzeitig Vorsitzender der Dansk Falkonerselskab war, Renz Waller zu seinem 80. Geburtstag gleich zwei Musikstücke für Fürst-Pless-Hörner widmete. Es sind die Musikstücke „Sankt Bavon“ der Schutzheilige der Falkner und das Musikstück „Begrüßung der Falkner“.
Mit der Weiterentwicklung der Jagdhörner, die durch neue Metallverarbeitungsmöglichkeiten und zunehmenden handwerklichen Techniken der Instrumentenbauer geprägt wurde, entstanden neue Jagdsignale. Mit diesem Übergang zum Jagdhorn aus Metall bekamen diese Jagdsignale einen größeren Tonumfang, so dass die Signale auch mit hohen und tiefen Tönen geblasen werden konnten. Über die musikalische Ausführung dieser Jagdsignale ist wenig zu erfahren.
Man kann aber in der deutschen Jagdbuch-Literatur und in den Übersetzungen z. B. von Jean de Clamorgan „Chassede Loup“ 1564 und über die Falcknerey bei dem Drucker und Verleger Sigmund Feyerabend in „Neuw Jag“ und im „Weydwerck Buch“ 1582 nachlesen, dass der Hörnerklang weit hörbar war und dass es Signale für das An- und Abblasen der Jagd gab. Es ist anzunehmen, dass die Jagdsignale aus dieser Zeit von dem damaligen Liedgut der Jäger und Reiter und durch die Musik der höfischen Trompeter oder Stadtpfeifer beeinflusst wurden.
Vom 16. bis zum 19. Jahrhundert wurde bei den unterschiedlichen Jagdformen mit und ohne Hundemeuten, die damals sowie auch in den folgenden Jahrhunderten nur ein Privileg des Adels waren, ein kleines Jagdhorn zur Verständigung auf der Jagd mitgeführt und möglicherweise auch geblasen. Der deutsche Maler August Querfurt 1696 – 1761 aus Wolfenbüttel zeigt auf mehreren seiner Gemälde, dass bei Reitjagd-Szenen Jagdhornbläser zu Pferde mit kleinen Jagdhörnern zum Jagdgeschehen gehören. Das zeigt uns, dass das kleine Jagdhorn nicht nur bei den Jägern, sondern auch von Reitern auf Reit- und Schleppjagden geblasen wurde. Somit gehört es zur Tradition der reiterlichen Jagd.
Als dann auch die großen Jagdhörner gebaut werden konnten, erklangen fortan diese in verschiedenen Horngrößen auf den Parforcejagden. Speziell im französischsprachigen Raum entstanden bei den Jagdhörnern unterschiedliche Bauarten. Sie entwickelten sich in den Baugrößen: 1½ windig das Chrétien-Jagdhorn, 2½ windig das Dampierre-Jagdhorn, 2½ + 3½ windig das Dauphin-Jagdhorn und mit dem Beginn des 19. Jahrhundert das heute am weitesten verbreitete 3½ windige Orléans-Jagdhorn. Diese Hörner waren überwiegend im Tonregister „D“ gestimmt. Man nannte sie „trompes de chasse“, französisches Parforcehorn.
In dieser Zeit bis zum Ende der Herrschaft von Ludwig dem XVI hatten diese Jagdhörner bei den höfischen Jagden der „chasse à courre“ und seinen Festen eine Blütezeit. Diese Jagdkultur wurde auch an befreundete Fürstenhöfe in den Nachbarländern weitergegeben, z.B. nach Böhmen, Preußen, Sachsen, Bayern, Hessen, Württemberg, Österreich-Ungarn, Italien und England.
Von den damals bei den Jagden geblasenen Fanfaren der „chasse à courre“ und den klangvollen jagdlichen Musikstücken aus dieser Zeit sind uns einige überliefert.
Für in B gestimmten Naturhörner sind uns aus dem 17., 18. und 19. Jahrhundert böhmisch / österreichische Jagdsignal-Kompositionen für Reiter und Jäger z. B. von Jiri Ignac Linek 1725 - 1791 und Leopold Eugen Mechura 1804 - 1870 überliefert. Offensichtlich wurden sie für kleine und große Jagdhörner zur musikalischen Begrüßung der Jagdgesellschaft und zur Jagdbegleitung komponiert. Andere erfolgreiche Komponisten der ehemaligen k.u.k. Monarchie haben ihre Jagdmusik überwiegend für die Parforcejagden des Adels komponiert. Auf diesen Jagden erklang sie auf in „Es“ gestimmten Parforcehörner.
Die über Generationen weit verbreiteten ein- und mehrwindigen kleinen und großen Jagdhörner, die in unterschiedlichen Tonlagen gestimmt waren, wurden weiterhin von verschiedenen Instrumentenbauern im deutschen und französischen Sprachraum hergestellt. Sie wurden nicht nur zur Verständigung auf der Jagd, sondern auch in der Orchestermusik, bei den Postillionen und beim Militär zur Übermittlung von Signalen eingesetzt.
Beim preußischen Heer diente Mitte des 19. Jahrhunderts Hans Heinrich XI von Hochberg, Fürst von Pless. Er fand dort Gefallen an einem Horn, das zweiwindig in der Tonlage „B“ gestimmt war. Als Oberstjägermeister und Chef des Hofjagdamtes führte er dieses Horn mit dem Wohlwollen des Kaisers bei den Hofjagden ein. Man nannte es fortan Fürst-Pless-Horn und es verbreitete sich schnell als Jagdhorn der Jäger für die Hoch- und Niederwildjagden. Bei diesen Hofjagden wurden Signale, Fanfaren und Jägermärsche geblasen, die ihre Wurzeln im Militärsignalwesen hatten.
Ein großer Teil der heutigen Jagdsignale der Jäger und ihre Jägermärsche für dieses Horn entstand in der preußischen Militärzeit. Diese Militärsignale und Märsche prägen die heute bekannte Jagdmusik und den Blasstil mit ihrem Fürst-Pless-Horn. Ein Teil der heutigen Jagdleitsignale lässt sich direkt oder mit kleinen Änderungen von den Militärsignalen ableiten. Beim Militär hatten die Signale größtenteils aber eine andere Bedeutung.
Ebenfalls im 19. Jahrhundert, nach der napoleonischen Besatzungszeit, begann man am preußischen Hof bei ausgewählten Kavallerie-Regimentern und an einigen Fürstenhöfen mit dem Neuaufbau der Meutehaltung für Parforcejagden. Damit lebte die alte Jagdform, die Hetzjagd, wieder auf. Diese Entwicklung dauerte nicht lange, denn aufgrund der finanziellen Situation beim Militär wurde die Meutehaltung wieder aufgegeben und die Jagdhunde an private Meutehalter übergeben.
Damit wurden in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts erstmals Reit- und Schleppjagdvereine im damaligen Deutschen Reich gegründet und es begann die Wandlung von der Hetzjagd zur Schleppjagd. Es entwickelte sich in den folgenden Jahrzehnten eine deutsche Reit- und Schleppjagd Tradition mit Jagdhörnern und Jagdsignalen.
Die Schleppjagdvereine übernahmen von den Engländern Jagdhunde und die Jagdform „Schleppjagd nach englischer Art“. Ihre Hunde gehörten zu einer Meute, die hinter einem lebenden Fuchs oder einer Fuchsschleppe eingejagd waren. Nach der Übernahme dieser Jagdform mit einigen Jagdhunden wurden die Hunde auf den Hasen eingejagd und es kam zu einer „Hasenjagd nach englischer Art“.
Aus dem Buch „Reit-Erinnerungen“ von G. J. Whyte-Melville und K. v. Keudell, neu bearbeitet und ergänzt durch Freiherr von Esebeck ist zu entnehmen, welche Jagdformen die bereits ab dem 19. Jahrhundert gegründeten Reit- und Schleppjagdvereine, bevorzugten. JAGD AUF HASEN IN FREIER WILDBAHN Brooker Meute Meute des Grafen Borcke-Stargordt Meute des Nauenburger-Pasewalker Parforcejagdvereins Meute des Ludwigsluster-Parchimer Parforcejagdvereins
JAGD AUF AUSGESETZTES SCHWARZWILD Königliche Meute in Döberitz Königliche Meute in Hannover Meute des Fürsten von Schaumburg-Lippe Meute des Senne-Parforcejagdvereins
JAGD AUF DER SCHLEPPE Meute des Grafen Sponeck-Trakehnen Meute des Rastenburger Reitervereins Meute des Parforcejagdklubs Berlin Meute des Guhrauer Jagdreitervereins Meute des Hamburg-Wandsbecker Schleppjagdvereins Meute des Bremer Schleppjagdvereins
ÜBERWIEGEND AUF KASTENWILD JAGENDE MEUTEN Großenhainer Parforcejagdvereins in Sachsen Schleppmeute des bayrischen Militär-Reitschule
Dazu gab es in Deutschland parallel zu den Schleppjagden auch die Reit- oder Fuchsjagden. Sie hatten schon damals wie heute ihren ganz bestimmten Ablauf. Diese Jagdform wird ohne Hundemeute durchgeführt. Ein Reiter übernimmt hier die Rolle des Fuchses und befestigt meistens einen Fuchsschwanz an seiner Schulter und versucht, mit einem gewährten Vorsprung, seinen Verfolgern zu entkommen. Das Ziel ist es, ihm den Fuchsschwanz abzunehmen.
Bei einigen Schleppjagdvereinen wurde in den ersten Jahrzehnten nach ihren Gründungen mit Meutehunden auch die Kastenjagd geritten, eine Art Hetzjagd auf lebendes Wild.
Der Name Kastenjagd leitet sich von einem Tier-Transportkasten ab. In ihm wurde zum Stelldichein das von zoologischen Gärten oder Gehegen erworbene Stück jagdbares Wild transportiert. Nach dem Halali, wenn das Stück Wild die Jagd überstanden hatte, wurde es im Transportkasten zu den Lieferanten wieder lebend und unversehrt zurückgebracht. Ein Holzstich von einem Halali des deutschen Malers E. Zimmer aus dem Jahr 1872 zeigt Jagdreiter einer Equipage, die Meutehunde von dem zuvor bejagtem Stück Wild vertreiben, damit es unversehrt bleibt.
Später jagten die Meutehunde bei einer Schleppjagd auf künstlicher Fährte. Sie wurde von einem vorausreitenden Jagdreiter angelegt, der eine künstliche Fährte über eine festgelegte Strecke schleifte. Er schleppte zum Legen dieser Fährte eine Gitterkugel mit einer langen Kette hinter sich her. In ihr befand sich ein Stoffballen, der mit einem Duftstoff getränkt war. So wurde die Fährte für die Meutehunde gelegt. Heute hat ein Schleppenleger einen Kanister mit Tropfeinrichtung am Sattel und kann so die Flüssigkeit für eine Fährte auf den Boden tropfen. Die Hunde sind auf die Verfolgung des Duftstoffs auf der Fährte trainiert.
Auf diesen Jagden erklangen nicht mehr die in D gestimmten Parforcehörner mit den Jagdsignalen und Fanfaren der Hetzjagden aus Frankreich, sondern heimische Es-Parforcehörner. Die Jagdsignale und Fanfaren für diese Hörner wurden größtenteils von der preußischen Kavallerie übernommen, zu der eine sehr enge Verbindung bestand. Durch die Einbindung der Jagdreiter von der Kavallerie bei der Gründung von Schleppjagdvereinen vor ca.170 Jahren, wurden auch ihre Fanfaren und Jagdsignale auf den Schleppjagden eingeführt und bis in die 1940-er Jahre geblasen. Sie gehören zur Tradition dieser Jagdform.
Nachforschungen ergaben, dass dieses ehemalige reiterliche Notenmaterial, das auf Reit- und Schleppjagden mit Es-Parforcehörnern im 19. und 20. Jahrhundert geblasen wurde, durch die Turbulenzen in den Weltkriegsjahren des 20. Jahrhunderts größtenteils verloren gegangen ist. Deshalb standen den reiterlichen Jagdhornbläsern in Deutschland ab den 50er Jahren, als nach dem 2. Weltkrieg wieder Schleppjagden hinter Hundemeuten auf künstlichen Fährten geritten wurden, für diesen Jagdablauf keine passenden Jagdsignale und Fanfaren zur Verfügung. Einzig in der Heeres-Druckschrift 32 vom 01.09.1936 befinden sich einige alte Jagdsignale für Es-Parforcehörner.
Ohne ausreichende Nachforschungen anzustellen und möglicherweise aus Unkenntnis über die Tradition der Reit- und Schleppjagden mit seinen Jagdhörnern und Jagdsignalen in Deutschland, übernahmen und verbreiteten die reiterlichen Jagdhornbläser in Deutschland um Reit- und Schleppjagden bläserisch zu begleiten, die Signale der Jäger, Jagdfanfaren der Hetzjagd vom 15. bis 17. Jahrhundert aus Frankreich oder Jagdsignale aus der Zeit der ehemaligen k. u. k. Monarchie Österreich-Ungarn.
Aber alle diese Jagdsignale stimmen mit dem Jagdgeschehen und dem Jagdablauf der Reit- und Schleppjagden nicht überein. Alle diese Signale wurden schon vor hunderten von Jahren, für andere Jagden oder für das Militär komponiert.
Erst heute werden wieder traditionelle Jagdsignale und Fanfaren für B- und Es- Jagdhörner angeboten. Damit kann das Jagdgeschehen der Reit- und Schleppjagden wie vor 150 Jahren mit passenden Jagdsignalen bläserisch begleitet werden. Ergänzt wurde diese Notensammlung mit den verloren geglaubten Musikstücken aus der Heeres-Druckschrift 32 von 01.09.1936.
Damit kann erstmalig auch den Bläsern mit dem weit verbreiteten großen und kleinen in B gestimmten Jagdhörnern für unsere Reit- und Schlappjagden passende Hornsignale angeboten werden.
Diese Jagdsignale und Fanfaren werden heute zunehmend auf vielen Jagden geblasen und von Jagdherren und Reitern gewürdigt, weil sie mit dem Jagdgeschehen der Reit-, bzw. Fuchs- und Schleppjagden in Deutschland übereinstimmen.
Der Herausgeber dieser Noten-Sammlungen ist ein Kenner der Materie Jagdhornmusik mit weitreichenden Kenntnissen über die Entwicklung der Jagdsignale und der Jagdhörner in den vergangenen 500 Jahren. Es war ihm ein Bedürfnis mit den an der Tradition und dem Brauchtum orientierten Kompositionen an das Jagdmusik-Konzept früherer Zeiten anzuschließen.
Ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde die Jagdmusik-Szene mit neu komponierter Jagdhornmusik bereichert. Im deutschsprachigen Raum treffen wir heute ein vielseitiges und abwechslungsreiches Repertoire mit Musikstücken für Fürst-Pless- und Parforcehörner an.
E. Joachim Kolberg - ©1996 Eigenverlag Jagdhornmusik.de
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